Einkauf muss ökologisch und fair werden

Mit einer klugen und bewussten Veränderung des Beschaffungswesens lassen sich Arbeitsbedingungen verbessern und Auswirkungen auf die Umwelt und das Klima vermindern. Auf einer Fachtagung wurde darüber ausführlich informiert und diskutiert.

Mit der Umstellung auf eine ökofaire Beschaffung werden Produzenten gestärkt. Saftproduzent Bossavi C. Thierry (r.) produziert im westafrikanischen Benin hochwertige Fruchtsäfte.

Müssen Verbände wie Kolping ökofair wirtschaften? Was sind Chancen und Herausforderungen? Was können wir konkret tun? Was gibt es dabei zu beachten? Diese Fragen standen im September im Zentrum der Fachtagung „Ökofaire Beschaffung – Zum Spannungsfeld von Ökologie und Ökonomie“. Unter „ökofairer Beschaffung“ wird der Einkauf ökologischer, nachhaltiger und fair gehandelter Produkte verstanden, z.B. durch Einrichtungen, Kirchengemeinden, Büros. Zu der Fachtagung hatte der Bundesfachausschuss „Verantwortung für die Eine Welt“ im September Kolpingsfamilien, Träger von Einrichtungen und weitere interessierte Mitglieder nach Fulda eingeladen. Gemeinsam mit Mitgliedern des Bundesfachausschusses überlegten und diskutierten die Teilnehmenden, wie sie sich der Verantwortung für die Schöpfung stellen können. Der erste Vortrag der Veranstaltung trug den Titel „Enzyklika Laudato si‘ und ökofaire Beschaffung“. Wilfried Wunden, Referent bei Misereor, stellte „unser Handeln“ dem dem Lehrschreiben von Papst Franziskus aus dem Jahr 2015 gegenüber. Bezugnehmend auf die päpstlichen Worte sagte Wilfried Wunden, dass alle die Pflicht hätten, das Fortbestehen der Erde für die kommenden Generationen zu gewährleisten. Dazu müssten vor allem die Menschen in den reichen Industrie ländern genügsamer werden, denn der zu hohe Ressourcenverbrauch könne und dürfe nicht der Maßstab sein. Wohlhabende Menschen profitieren  von jeder neuen Entwicklungsstufe, während ärmere die sozialen und ökologischen Auswirkungen zu spüren bekämen.

Folgen dieses Konsumverhaltens seien auch moderne Sklaverei und Kinderarbeit. Gleichzeitig würde die Wegwerfgesellschaft die Kosten ihres Handelns, wie etwa die Kosten der Umweltzerstörung auslagern bzw. verstecken. Mittelfristig würden die Probleme, die daraus entstehen, aber alle betreffen – auch die Menschen in den reichen Industrieländern. Wilfried Wunden wies darauf hin, dass der Klimawandel neben dem hohen Energieverbrauch in der Industrie, in den Haushalten und in dem Transportsektor auch vom Ressourcenverbrauch in der Landwirtschaft angetrieben werde. Zudem sei längst bekannt, dass etwa ein Drittel der produzierten Lebensmittel verschwendet, und dass “Nahrung, die weggeworfen wird, gleichsam vom Tisch der Armen (...) geraubt wird.” Darüber hinaus trage die Erderwärmung zu Missernten und dem Aussterben vieler Arten bei. Dies werde dazu führen, dass die Weltmarktpreise für Agrargüter bis 2050 um zehn bis 30 Prozent ansteigen. So werde die globale Erwärmung zum Push-Faktor für Migration.

Handlungsoptionen

Was können wir dem entgegnen? Was können wir tun? Zu diesen Fragen erläuterte Wilfried Wunden verschiedene Strategien und Ideen:

  • Beschaffungsabläufe genau erfassen;
  • Zusammenarbeit mit den Beschaffungsorganisationen der Kirchen (die katholische und die evangelische Kirche sowie ihre Einrichtungen und Verbände haben geschätzt ein Beschaffungsvolumen von 200 bis 250 Milliarden Euro pro Jahr),
  • Aus- und Fortbildung zu diesem Thema bei kirchlichen Organisationen wie der Caritas und Kolping,
  • Zusammenarbeit mit Weltläden, Fairtrade Towns, Fairtrade Schools und Kindertagesstätten.

Auch die Deutsche Bischofskonferenz hat bereits beschlossen, fair einzukaufen. Jetzt muss es mit der Umsetzung vorangehen.

Konsum und Zerstörung

Friedel Hütz-Adams vom Südwind-Institut hielt den zweiten Vortrag zum Thema „Ökonomie und Ökologie: Widerspruch oder Ergänzung?“. Er zeigte anhand vieler Beispiele, welche Umweltzerstörungen, Menschenrechtsverletzungen und Katastrophen oft mit der Gewinnung von Rohstoffen bzw. der Produktion von Konsumgütern einhergehen.

Hier eine Auswahl:

  • Für den Kobaltabbau im Kongo wird der Urwald großflächig gerodet und die Landschaft zerstört. Zwangsarbeit und unbeschreibliche Gewalt an den Minenarbeiterinnen und Minenarbeitern sind allgegenwärtig.
  • Die Bauxit-Verarbeitung in Indien zur Aluminiumherstellung ist sehr energieaufwendig. Das Aluminiumrecycling kann aber den Energieverbrauch um 90 Prozent senken.
  • Rotschlamm-Katastrophe in Ungarn: Im Jahr 2010 brach in Ungarn der Damm eines Deponiebeckens mit Abfällen aus der Aluminiumproduktion. Der rote Schlamm verteilte sich über ein 40 Quadratkilometer großes Gebiet. Zehn Menschen starben, andere erlitten schwere Verletzungen. Zudem wurden viele Häuser zerstört und tonnenweise verseuchter Boden musste abgetragen werden.

Auf der anderen Seite erklärte Friedel Hütz-Adams, dass man Palmöl nicht immer verdammen sollte. Immerhin liege der Ertrag für Palmöl bei vier Tonnen Öl pro Hektar während es bei Raps nur eine Tonne Öl sei. Wesentlich sei jedoch, dass frisches Abholzen der Fläche verhindert wird und Plantagen auf vorhandenen freien Flächen gefördert werden. Man könne beim Einkauf darauf achten, dass das Öl aus zertifiziertem Anbau stammt.

Immer wieder werde deutlich: Unternehmen müssen die Lieferketten nachverfolgen und auf ihre Vorlieferanten Einfluss nehmen, damit diese weniger schädliche Stoffe verwenden. So fordert auch Greenpeace im Rahmen der Detox-Kampagne, in der Textilherstellung auf den Einsatz gefährlicher Chemikalien zu verzichten.

Freiwillige Regulierungen hätten zur Einführung einer Vielzahl von Öko-Siegeln geführt. Doch die große Anzahl sei verwirrend. Unklar sei häufig, wie die Siegel kontrolliert werden, wie streng die zugrundeliegenden Regeln sind und ob die Produzenten die Vorgaben überhaupt einhalten können.

Freiwillige Initiativen seien wichtig, aber oft nicht transparent. Darüber hinaus fordert Hütz-Adams eine gesetzliche menschenrechtliche Sorgfaltspflicht für Unternehmen. Und die tatsächlichen ökologischen und sozialen Kosten müssen sich im fairen Produktpreis widerspiegeln.

Das deutschen Lieferkettengesetz stellt einen ersten Schritt in die richtige Richtung dar; es geht Hütz-Adams aber noch nicht weit genug.

Interessant ist auch der Ansatz „Cradle to Cradle“ (C2C) – sinngemäß übersetzt „vom Ursprung zum Ursprung". Der Begriff bezeichnet eine durchgängige und konsequente Kreislaufwirtschaft, in der Sortenreinheit erforderlich ist, um ein Recycling zu ermöglichen. Das ist gerade deshalb ein interessanter Ansatz, weil in Deutschland der Rohstoffverbrauch nicht zurückgeht, obwohl die Bevölkerungszahl sinkt.

Umweltmanagement in Münster

Im dritten Vortag berichtete Petra van Husen von dem Weg der Kolping-Bildungsstätte Coesfeld hin zu einer ökofairen Einrichtung. Grundlage ist die im Jahr 2018 aktualisierte Umwelterklärung. Sie steht auf der Homepage des Diözesanverbandes Münster zum Herunterladen zum Herunterladen bereit. 

Für die Aufstellung eines Qualitätsmanagementsystems wurden in der Einrichtung zunächst alle relevanten Gegenstände und Kennzahlen gezählt und erfasst: z.B. Glühlampen, Drucker und der Papierverbrauch. Anschließend wurden Maßnahmen für den Einkauf festgelegt. Alles immer unter der Fragestellung: Welche Ansprüche haben die Gäste der Bildungsstätte; was wird voraussichtlich akzeptiert, und was nehmen die Gäste nicht an?

Dabei muss vieles immer wieder neu bewertet werden. Beispiel Butter: Verpackte kleine Butterpäckchen führen zu mehr Verpackungsmüll. Unverpackte Butter muss, wenn sie nicht verzehrt wurde, weggeworfen werden.

Petra van Husen wies auch darauf hin, dass ein Umweltmanagementsystem ständig gepflegt werden muss und dass dafür die Arbeitskräfte verfügbar sein müssen. Letztlich gebe es kein Patentrezept, das für alle Einrichtungen passe. Allerdings könne das Beispiel aus Münster gute Anregungen geben.

Ausblick und Forderungen

Zum Abschluss haben Teilnehmende in einer Gruppenarbeit zusammengetragen, was aus ihrer Perspektive getan werden muss, und wo sie selbst aktiv werden können. Hier ihre Notizen:

  • Das Thema ökofaire Beschaffung muss bekannter gemacht werden.
  • Die mit dem Konsum verbundenen Umweltkosten müssen deutlicher kommuniziert werden. Die Umweltkosten müssen sich im Preis niederschlagen.
  • Ökofaire Produkte sind oft nur wenig teurer.
  • Freiwilligkeit braucht zu viel Zeit. Deshalb müssen schärfere Regeln verpflichtend eingeführt werden. 
  • Ziel ist es, enkeltauglich zu leben.
  • Jede und jeder Einzelne soll selbst möglichst umweltbewusst sowie fair einkaufen.
  • Bei allen Kolping-Aktionen sollten die Verantwortlichen die Machbarkeit einer ökofairen Beschaffung prüfen und möglichst auch umsetzen.
  • Auf den Kolping-Homepages kann auf allen Ebenen die Nachhaltigkeit in den Vordergrund gestellt werden.
  • Letztlich sollten alle als Multiplikatoren in das eigene Umfeld wirken.

 

Text: Thomas Wenz, Bundesfachausschuss „Verantwortung für die Eine Welt“